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Zwischen Kitsch und frommer Anbetung fristeten die Engel in unseren Tagen ein
wenig fruchtbares Dasein. Wir fanden noch nicht das richtige Verhältnis zu
diesen geistigen Wesen, die so eng mit uns Menschen verbunden sind. Euch ist die
Vorstellung vertraut geworden, dass wir Menschen in einer Entwicklung begriffen
sind, die uns über unser heutiges Sein hinaus einmal hinauf auf die Stufe der
Engel führen wird.
Dass Engel so etwas wie höhere Menschen sind, konnte man an ihren
Darstellungen in der Kunst zwar schon immer erkennen, aber der Gedanke, dass wir
selbst den Keim zum Engelwesen in uns tragen, konnten früher nur wenige fassen.
Denjenigen, die sich ihrer Unvollkommenheit als Menschen bewusst waren, erschien
es anmaßend und vermessen, in uns die Anlage eines zukünftigen Engels
erblicken zu wollen, aber auch die Tatsache, unsere Freiheit zu verlieren und
ganz im Dienste eines höheren Willens handeln zu sollen, war wenig attraktiv für
viele von uns.
Wie viel leichter ist die Beziehung zu den Engeln für euch geworden, seit
ihr wisst, dass ihr nicht der Macht und Moral eines euch führenden und schützenden
Engelwesens unterstellt seid, aber dass ihr auch eure Freiheit nicht delegieren
könnt an diese geflügelt dargestellten Wesen, sondern dass es allein von eurem
freien Willen abhängt, ob sich euer Menschenwesen engelhaft entwickeln wird.
Nicht etwas Fremdartiges und Furchterregendes seht ihr in den Engeln auf euch
zukommen, sondern ihr begegnet in ihnen euch selbst, eurer eignen zukünftigen
Daseinsweise.
Wenn ihr euch der Perspektive eurer kommenden Entwicklung als Menschen öffnet,
so zeigt sich euch das Bild eures Engels als eine aus der Zukunft leuchtende
Gestalt, in der ihr selbst einmal aufgehen werdet. Ihr habt keine Angst mehr
davor, eure Individualität zu verlieren angesichts der Größe der Engel,
sondern ihr wisst, dass ihr das trennende und abgrenzende Sein, was euch als
Menschen zu einem Ich macht, als Engel überwunden habt, ohne dass ihr dadurch
aufhört, ein eigenes Wesen zu sein. Ihr seht den Engel in euch zukünftig im
Einklang mit dem Gang der Schöpfung handeln und erkennt, wie sich unser Ich
dann nicht auflöst, sondern nur die Notwendigkeit verliert, sich in seiner
Eigenart gegenüber anderen zu profilieren und zu definieren. Es kann dann in Übereinstimmung
mit einem höheren Willen handeln und gleichzeitig sein eigenes Wesen entfalten.
So sind die Engel für euch zum Ausdruck dafür geworden, dass wir unser Ich
erst dann ganz erfüllen, wenn wir unsere Individualität nicht mehr beweisen müssen,
sondern wenn wir zum lebendigen Teil eines Ganzen geworden sind, das seine
Gestalt dadurch gewinnt, dass jedes seiner einzelnen Glieder sein eigenes Wesen
und seine Individualität zu ihrem Werden und Sein beiträgt.