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Ein Märchen
Es war einmal ein Mensch, verzweifelt und in Not,
denn er hatte Angst vor seinem Tod,
er ahnte ihn nahen, ihm wurde kalt,
er fürchtete zu sterben und zwar bald.
Da kam ein Toter gerade heran,
der hatte Mitleid mit dem Mann,
und fragte ihn: „Warum hast du Angst?
Kennst du den Tod, vor dem du bangst?“
Der Mensch sah niemand, doch als er die Worte vernahm,
meinte er, dass von ihm selbst die Frage kam
und sagte wie einer, der mit sich spricht:
„Nein, ich kenne den Tod nicht.“
„Aber ich weiß, wie er ist, denn ich bin ihm begegnet,“
hatte der Tote ihm darauf entgegnet.
Da dachte der Mensch, das wäre Spaß
und fragte spontan: „Und wie war das?“
"Er sagte, ich solle ihm das Tote geben, das ihm gebührt,
dann hat er mich an eine Tür geführt,
die war offen, aber ein Feuer brannte darin,
deshalb sagte ich mir: 'Da gehe ich nicht hin.'
Lange stand ich wartend davor,
doch niemand sonst kam an das Tor,
der Tod war längst wieder fort
und ich war allein geblieben an diesem Ort.
Ich weiß nicht, wie lange ich so stand,
da erschien plötzlich in dem Feuerbrand
eine Gestalt aus Wärme und Licht,
doch ich erkannte sie nicht.
Sie rief mich bei meinem Namen:
'Was du siehst, sind meiner Liebe Flammen,
kommst du durch sie zu mir herein,
wirst auch du ihr Träger sein.
Wenn du meine Liebe weitergibst
und nicht nur dich, sondern auch andere liebst,
wirst du neue Lebenskraft erhalten
und durch sie lebendig gehalten.
Ich folgte gerne dem weisen Rat
und immer, wenn ich dieses tat,
zogen neue Kräfte in mich ein
und ich konnte damit am Leben sein.“
Wenn ich mit einer Seele fühle,
erfüllt sich in ihr mein guter Wille
und ich selbst werde zu einem Teil
des Geistes, aus dem entspringt dieses Heil.
So geht es mir
auch jetzt mit dir,
es wird verschwinden deine Bange
und du wirst noch leben lange.
Doch wenn der Tod dann einmal zu dir spricht,
dann zittere vor seinem Erscheinen nicht,
gebe ihm, was ihm gebührt,
und warte, bis er dich weiter führt.
Gehe mutig zu der Tür,
sage einfach: 'Ich bin hier!'
und wenn die Gestalt dann kommt in Sicht,
vereine dich mit ihrer Wärme und ihrem Licht.“
Es war dem Menschen nicht recht klar,
was mit ihm geschehen war,
doch es ging ihm wieder gut,
denn er hatte neuen Mut.
Er wartete auch nicht bis zu seinem Ende,
sondern gab seinem Leben sogleich eine Wende
und statt nur für sich zu leben,
begann er seine Kräfte weiterzugeben.