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Ein Mensch war es gewohnt, die Welt von außen zu betrachten
und nur auf die ihm sichtbaren Erscheinungen zu achten,
dadurch machte er sich jedoch ein einseitiges Bild der Welt,
denn er sah nicht, was sie von innen her zusammenhält.
Als er sich einmal auf einer Wanderung befand,
kam er zu einem Platz, wo die Hütte eines Einsiedlers stand,
dieser saß, gelassen lächelnd, auf einem hölzernen Block,
nach einem Gruß kam es zwischen ihnen zu einem Dialog:
"Wie halten Sie es aus an dieser öden Stelle?
Hier gibt es nichts von des Lebens Fülle!"
begann der Mensch spontan zu sagen
und der Eremit antwortete mit zwei Fragen:
"Was ist die Fülle? Was ist das Leben?"
"Es gibt so viel zu sehen und zu erleben,
es ist doch schade", beharrte der Mensch ungeniert,
"hier zu sitzen, wo nichts passiert."
"Wenn ich allein bin und niemand mich stört,
lebe ich in der Welt, die mir gehört,
ich schaue nach innen und in die Weite,
begnüge mich nicht mit einer Seite.
Dann sehe ich, was sich hinter den Fassaden verbirgt
und in den Dingen unsichtbar wirkt."
"Ich dagegen lebe in dem, was sich mir zeigt
und was mein gesunder Verstand erreicht."
"Was Sie damit heute sehen,
kann morgen schon nicht mehr bestehen,
doch in allem dem, was stirbt,
lebt ein Keim, der nicht verdirbt."
"Was sehen Sie denn in den Dingen drin?"
fragte der Mensch mit zweifelndem Sinn.
"Was in ihnen wirkt und sie belebt
und nach seiner Vollendung strebt.
Die Welt und alles, was in ihr existiert,
ist nicht fertig und fixiert,
sie ist in dauerndem Werden und Vergehen,
Altes bleibt zurück, Neues kann daraus entstehen.
Die Geburt, sowie der Tod,
sind Schnittstellen zwischen hier und dort,
es zeigt sich außen nur ein Aspekt,
ein anderer bleibt dahinter versteckt.
Es gilt für alle zeitlichen Momente,
für jeden Anfang, jedes Ende,
dass immer, wenn etwas wächst oder vergeht,
dahinter ein anderes abnimmt oder entsteht."
"Einer geht, einer kommt, das macht die Fülle!"
"Sie erkennen nur die äußere Hülle!
Was in dieser geschieht und was sie erhält,
das ist es, was in Ihrer Anschauung fehlt.
Die Hülle hält nur eine kurze Weile,
bis zu des inneren Kernes Reife,
dann fällt sie ab und lässt ihn frei,
was alt geworden ist, das wird dann neu."
Der Mensch ging weiter, wenig überzeugt:
"Es mag die Leere sein, die sich dem Eremiten zeigt,
ohne seinen Blick auf die Bilder der Welt zu lenken,
begann er hier halt sich in Visionen zu versenken."
Der Einsiedler schaute ihm nach und sah ihn entschwinden,
er dachte bei sich: "Auch dieser wird noch zu sich finden,
wenn er sich nicht mehr sucht in einem Spiegelbild,
sondern das erfasst, was ihn unsterblich erfüllt."