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Die Welt des Wolfs



TROST



Die Nacht der Trauer
weicht dem Tag des Trostes.

*

Trost ist die Frucht der Trauer.

*

Trost finden wir nicht in den Worten anderer,
sondern in der Wahrheit,
die sie in uns bewirken.

*

Ohne Trauer gibt es keinen Trost,
ohne Trost bleibt die Trauer ohne Sinn.

*

Wer allein in der Tatsache,
dass nach Regen Sonne folgt,
einen Trost sucht,
findet leicht zu der Furcht,
dass die Sonne wieder dem Regen weicht.

*

Trost bewirkt nicht die Tatsache,
dass nach Regen Sonne folgt,
sondern dass beides seine gleichwertige Berechtigung in der Natur hat.

*

Angesichts des Todes
bringt uns ein betroffenes Schweigen
der Wahrheit oft näher
als viele beredte Worte.



TRAUER



Unsere Trauer mit einem Tod zu verbinden
ist genauso wichtig,
wie unsere Verzweiflung über einen Todesfall zu vermeiden.

*

Die Trauer des Abschieds
wandelt sich in Hoffnung des Wiedersehens.

*

Unsere Seele hat nicht nur die Fähigkeit,
sich zu freuen,
sondern auch die Kraft zu trauern.

*

Wenn sich die schwarzen Wolken der Trauer
über unser Seele zusammenziehen,
tröstet uns nicht die Tatsache,
dass sie wieder vergehen können,
sondern die Wahrheit,
dass ihr Wesen nicht von Dauer ist.



STERBEN UND TOD



Die Umstände des Sterbens sollten uns weniger erschrecken
als der Mangel des Bewusstseins eines bevorstehenden Todes.

*

Mancher entwickelt erst im Anblick des Todes
den Mut zum Leben,
der ihn danach lebendig hält.





DIE ANGST VOR DEM TOD



Wenn die Angst vor dem Tod darin beruht,
dass wir keine Macht über ihn haben,
können wir wenigstens unsere Fähigkeit üben,
uns dem Unvermeidlichen zu beugen
und seiner Macht gehorchen zu lernen.

*

Das Vertrauen,
das wir in unser Leben setzen,
ist im Grunde so wenig berechtigt,
wie die Angst,
vor seinem Ende.

*

Wer das Leben einengt auf seine Sonnenseiten,
darf sich nicht wundern,
wenn ihm dessen Schattenseiten fremd bleiben.



SCHULD UND UNSCHULD



Wenn Unschuldige sterben,
wird Schuld gelöscht.

*

Wenn schon der Tod einer Raupe
sich in der Geburt eines Schmetterlings fortsetzt,
sollte auch aus

dem Sterben eines

Menschenkindes
ein Engel auferstehen können.

*

Für den Tod eines Kindes
gibt es keinen Grund,
sondern nur eine Hoffnung.

*

Wir sollten uns nicht nur die Frage stellen,
ob wir an unserem Tod schuld sein können,
sondern wie wir uns unser Leben verdienen können.



KREISLAUF DES LEBENS


Im Herbst begegnet uns der Tod,
der Winter bringt der Trauer Not,
im Frühjahr wächst des Trostes Wille,
der Sommer ist des Lebens Fülle.

*

Der Abend ist wie der Tod,
die Nacht wie die Trauer,
der Morgen wie der Trost
und der Tag wie das neue Leben.

*

Wir sollten den Tod nicht nur als Erlösung
von etwas Vergangenem sehen,
sondern auch als Beginn eines Zukünftigen.

*

Ein erfülltes Leben allein
ist kein Grund,
den Tod zu begrüßen,
es sei denn,
wir können in ihm den Anfang
eines neuen Lebenslaufs erkennen.



Wer das Leben als Weg begreift,
kann leichter verstehen,
dass seine Entwicklung
mit dem Tod nicht zu Ende ist.