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Die Welt des Wolfs

Die Seelenwelt



Nach einer Darstellung von 1483
aus der Kirche San Bernardino, Albenga



1

Wer nicht zu denen sich zählt,
die radikal leugnen eine Seelenwelt,
kann dennoch irren in der Vision
von einer heilen Seelendimension.

Feinde sind dort Nacht und Tag,
es stößt sich ab, was sich nicht mag,
zugleich zieht an, was sich gefällt,
so geht das in der seelischen Welt.

Die Seele lebt dort ohne Regeln noch Grenzen
inmitten streitender Tendenzen,
zwischen gegensätzlich polaren Seiten,
die sich bekriegen und miteinander streiten.

Wenn Leidenschaften feurig gieren,
und starre Muster den Verstand regieren,
wenn  Willenskräfte sich scheiden zwischen beiden,
muss die Seele in diesem Chaos leiden.

Füttert er das Tier in sich mit süßen Speisen,
wird es stets sein Maul aufreißen,
wenn er es nicht in seine Schranken weist,
wird er zuletzt von ihm verspeist.

Von Irrtum und von Illusion,
von Trieben und von Aggression
kann der Mensch sich nur erlösen,
wenn er erfasst sein göttliches Wesen.

Statt in seinem Leib zu ersticken,
kann ihm dadurch die  Rettung glücken,
doch muss er sich dazu erheben
aus dem Sumpf im Seelenleben.

2

Sollte es ihm nicht gelingen,
sich zu zügeln und zu bezwingen,
bleibt er im Krieg der Launen und Lüste
ein Opfer unentwegter Zwiste.

Wie die Sonne in der Mitte der Planeten
Ordnung schafft in deren Bewegen,
muss der Mensch sich domestizieren
um die wilden Triebe ihn sich zu dominieren.

Mit Liebe und mit Gleichgewicht,
durch Gleichmaß und freiem Verzicht
kann er in sich den Frieden bereiten,
damit Erde und Himmel sich nicht mehr streiten.

Nichts von allem, was ihr gefällt,
darf die Seele zurück halten in der toten Welt,
reinigen muss sie sich von Begierden und Begehren
die an ihrem Gleichmut zehren.

Einst sprach man noch von einer Hölle,
vom bösen Treiben in einer unterirdischen Höhle
und hat das Schicksal einer hemmungslosen Seele,
in drastischen Bildern gemalt von dieser Stelle.

Doch die Moral ist nicht das Ziel,
es geht darum, was ein Mensch von sich will,
ob er aufsteht und voll Würde zu sich sagt:
Ich bin nicht das, was meine Seele plagt!

Und sich dabei erinnert an das Motiv,
das ihn hierher zur Erde rief:
Statt sich als Sklave der Sinne zu gebärden,
ein freies Ich mit einer freien Seele zu werden.