Das Lob des Weins

Trinke mit wachem Sinn den Wein,
er ist zu schade, um betrunken zu sein,
er kommt dir entgegen auf halber Strecke,
auf dass er in dir die Wahrheit wecke.

Er geht direkt dir in dein Blut,
wo er sein intimes Werke tut,
lass ihn dir nicht zu Kopfe steigen,
er will mit seinem Geist dein Herz erreichen.

Sei dir bewusst bei jedem Schlückchen,
dies ist ein heiliges Augenblickchen,
für einen Moment kannst du fühlen,
was sich verbirgt in deinen Hüllen.

Öffne ihm die Türe, die der Alltag verschließt,
lass ihn herein, während du seine Kraft genießt,
durch ihn wirst du an das erinnert,
was sich in deiner Seele verinnert.

Kurz ist der Moment, versuche ihn zu erfassen,
und in dir seinen Sinn aufsteigen zu lassen,
genüge dir jedoch mit seinem Hauch,
lass dich nicht verleiten bis zum Rausch.

Seine Geister sind zart und flüchtig,
ihre Stimme verstehst du nur dann richtig,
wenn sie beim Trinken
nicht im Übermaß versinken.

Erhebe das Glas, wie in einem andächtigen Akt,
achte auf das, was der Wein darin dir sagt,
er bringt dir eine Botschaft aus deinen Tiefen,
die nur du vermagst zu entziffern.

Vergiss den Leib, der dich beschwert,
wohl dem, der auf des Weines Worte hört:
„Werde zu dem, der sich in dir versteckt.
durch mich wird er für einen Moment erweckt.“