Seelenkraft

Eine Seele, schwach und bloß,
plumpst in einer Mutter Schoß
und hofft ein bißchen stark zu werden
in einem Leben auf der Erde.

Erwacht jedoch, nach kurzer Zeit,
in einem gar zu schönen Leib,
genießt sie dieses Instrument
und denkt nicht an das spätere End.

Statt sich zu üben in Kraft und Mut,
zu nützen der neuen Freiheit Gut,
gibt sie sich hin an die Lust der Erdenreise
und genießt des Sinneskinos Reize.

Von dem Spektakel, das es inszeniert,
ist sie leicht so fasziniert,
dass sie ihre Schwäche ganz vergißt,
und meint, dass diese Magie schon wirklich ist.

Doch wie jedes äußere Instrument,
so kommt auch der Leib einmal an sein End,
seine Saiten klingen immer weniger schön
und er will nicht mehr so wie früher gehn.

Ein bißchen Lifting, etwas Kur,
nur leider hilft das wenig nur,
dann dämmert das Licht der Sinnesreize
und es verstummt die lustige Weise.

Ach, sagt die Seele, es ist Zeit,
ich brauche dringend ein neues Kleid,
doch merkt sie leider etwas spät,
dass das jetzt nicht mehr geht.

Oh, fragt sich die Seel, warum,
war ich damals doch so dumm,
jetzt bin ich schwächer als vorher
und die Rückkehr fällt mir schwer.

Warum habe ich nicht bedacht,
dass kurz nur dies Spiel Freude macht,
ich wollte umsonst für mich gewinnen,
was nur mühsam sich lässt erringen.

So steigt sie endlich aus der Hülle,
schwächer als vorher, mehr Leere als Fülle,
und kann sich kaum erheben,
von ihrem sinnesfrohen Erdenleben.

Und wenn sie nicht gestorben ist,
dann lebt sie noch und sitzt
an ihres Weges Rande
und hadert mit sich im anderen Lande.

Kommst du im Traum dort mal vorbei,
noch munter und auch noch ganz frei,
dann denke daran, warum du kamst
und weshalb du diese Reise auf dich nahmst.

Erinnere dich der Stärke, die dir fehlt,
dort drüben in der Seelenwelt
und mehre beizeiten trotz aller Lust
die Herzenskraft in deiner Brust.