Es war einmal ein kleines Mädchen, das wurde aus seiner wundervollen Welt, in der alles voll Licht und heilenden Zauberkräften war, in eine andere Welt hinein geboren, in der es nicht nur Licht gab, sondern in der ein mächtiger Schatten regierte. Aus seiner früheren Welt hatte es sich reichlich Licht mit gebracht, so dass es die Bedrohung des finsteren Despoten eigentlich nicht zu fürchten brauchte. Aber dieser war gierig nach allem Licht und es gelang ihm immer wieder, das Mädchen zu bedrohen, so dass es schließlich immer mehr Angst vor ihm bekam und fürchtete, dass er ihm schließlich sein wundervolles Licht weg nehmen könnte. Also begann es, sein Licht zu verstecken, so dass niemand es sehen konnte. Im Versuch, sein Licht zu schützen, versteckte es dieses endlich so gut, dass es auch für es selbst immer mehr verborgen blieb.
Das Mädchen wurde größer und gewöhnte sich an die Gegenwart der Schatten und fand sogar Gefallen daran, mit ihnen zu scherzen und zu spielen. An das Licht, das es aus seiner anderen Welt mit gebracht hatte, erinnerte es sich bald gar nicht mehr und meinte, dass es schon immer in dieser Welt, in der die Schatten regierten, gelebt hatte. Da gab es jedoch ein schlimmes Gesetz. Alle, die darin lebten, hatten, so lange sie jung waren, genug Licht in sich zum leben und nur ab und zu brachen die Schatten in ihr Dasein ein. Je älter aber jemand wurde, desto größer und mächtiger wurden die Schatten und verdunkelten das Leben, in dem immer mehr von dem Licht erstarb.
Auch die Welt des Mädchens begann auf diese Weise allmählich dunkler zu werden und es litt sehr darunter. Da geschah jedoch etwas sonderbares. Immer wenn um das Mädchen herum die Schatten wuchsen, begann es aus seinen Augen zu leuchten. Es selbst merkte nichts davon, sondern litt immer mehr in der finster werdenden Welt. Doch wer genau hin sah, konnte in der Dunkelheit aus seinen Augen heraus das wundervolle Licht strahlen sehen, das es in sich hatte.
Eines Tages geschah es, dass das inzwischen schon älter gewordene Mädchen einer weisen Frau begegnete, die es um Rat wegen seiner Leiden fragen wollte. Doch diese, statt zu antworten, schaute nur beglückt auf das Licht, das aus dessen Augen strahlte und sagte: „Welch wundervolles Licht du in dir trägst!“
Da das Mädchen gar nicht verstand, was die Frau meinte, setzte diese hinzu: „In dir ist ein Licht verborgen, das aus einer anderen Welt kommt!“
Als sie dies sagte, meinte das Mädchen einen Augenblick sich zu erinnern, doch es war schon zu lange her und es konnte nicht an das glauben, was die Frau sagte als sie fortfuhr: „Die Schatten haben keine Macht über dich, du brauchst sie nicht zu fürchten. Dein Leiden wird ein Ende haben, denn dein Licht wird dich heilen!“
Ungläubig verließ das Mädchen die weise Frau und kehrte in seine Welt der Schatten zurück, doch der Gedanke an das Licht ließ es von da an nicht mehr los. Und wirklich, immer wenn die Dunkelheit um es erschreckend zu nahm, begann auch immer mehr sein Licht aus ihm zu leuchten und es wurde dadurch immer heller um es herum. So fand es, bei allem Schrecken der Verdunkelung, dadurch immer Trost und Hoffnung in sich. Ganz allmählich kehrte so das wundervolle Licht und dessen Zauberkraft wieder zu ihm zurück und es begann immer mehr aus diesem Licht heraus zu leben, so dass die Verdunkelung durch die Schattenkräfte keine Macht mehr auf es ausübte.
Das Mädchen wurde zu einer helfenden Kraft in seiner Welt und schließlich zu einer weisen Frau, zu der von über all her Menschen kamen, die unter der Dunkelheit litten, um sie nach Rat zu fragen.