1.
Aus der Sonne goldenem Kreise
bin ich gestürzt in des Mondes bleiche Weise,
in seinem wechselhaften Schein
herrsche ich unbeschränkt für mich allein.
Ich bin der Träger meines eigenen Lichts,
Diener sein bedeutet mir nichts,
frei will ich sein von Regeln und Recht,
meine Freiheit bringe ich jedem Knecht.
Nichts Bestehendes ist mir genug auf Erden,
alles muss immer besser werden,
alle Ziele verfolge ich ohne Reue,
meine Mittel und Wege suchen das Neue.
Das Kommende ist mein einzige Kriterium
es rechtfertigt alle Wege, gerade oder krumm,
ihm ist mein Sinnen und Trachten geweiht,
ich bin der Herr der neuen Zeit.
Wenn ich mich entfalte,
zerstöre ich ohne Skrupel das Alte,
ißt du von meinen Früchten,
wirst auch du das Neue errichten.
2.
Was du in Händen hast, beengt deinen Horizont,
erhebe dich, eröffne eine neue Front,
du bist zu Besserem geboren,
zu immer Höherem auserkoren.
Krieger sollst du sein und dich selbst erretten,
Rebell gegen alle Fesseln und Ketten,
nicht als Wurm sollst du in engen Höhlen hausen,
dein Talent braucht die Weite der offenen Welt draußen.
Herrscher über alles zu sein ist deine Mission
Sklaven gibt es zu viele schon,
erkenne deine ursprüngliche Bestimmung,
bekenne dich zu deiner eigenen Gesinnung.
Verlass die Furchen der gepflügten Schollen,
folge allein deinem freien Wollen,
dein Wille ist dein Recht und Reichtum,
er ist dein Weg und führt dich zu Ruhm.
Dein Wollen ist dein einziges Kriterium,
es rechtfertigt all dein Tun,
nichts Herrschendes sei dir genug,
realisiere dich, wenn es sein muss mit Betrug.
3.
Ja, ich suche keine diktierte Moral,
die habe ich über den Wolken gelassen,
dort war ich einst nur ein Teil der Welt,
doch habe ich meine Befreiung gewählt.
Statt ein Bettler im Reich der Sonne zu sein,
bin ich lieber ein König in des Mondes Schein,
hier dominiere ich die Sinne mit meinen Reizen,
mit meiner Ausstrahlung will ich nicht geizen.
In meiner Welt der Faszination,
sitze ich auf meinem glänzenden Thron,
hier dirigiere ich das Konzert der Lügen,
zu meiner Freude und deinem Vergnügen.
4.
Manchmal wende ich meinen Blick
zum Licht des Sonnensiegels zurück,
und weiß, auch ich, in meinem Eigensinn,
kann mich bekehren zum Sinn des Ganzen hin.
Jetzt leuchtet nur mein Egoismus,
der mich voran treibt im Zeitenfluß,
doch dieser wird einst enden
dann wird mein Weg sich wenden.
Er führt, trotz all meiner Eitelkeit,
nicht bis in alle Ewigkeit,
noch vor dem Tode springe ich ab,
und modere nicht mit dir in deinem Grab.
5.
Drum sage ich dir im Vertrauen,
und diesmal kannst du mir wirklich trauen,
lass dich nicht nur von mir verführen,
ich öffne dir zwar neue Türen,
doch sei dir stets bewusst dabei,
ich mache dich nicht wirklich frei,
solange du mir folgst, bleibst du in meinem Bann,
so wie der Mond hängt an der Erde dran,
Willst du dich meinen Kräften weihen
und meinst, ich würde dich befreien,
bleibst du im Schatten des Irrtums gefangen
und kannst zur Lichtung nicht gelangen.
Mein Weg führt dich im Kreis umher,
ich biete dir keine bleibende Gewähr,
von einer Illusion zur andern
wirst ziellos du im Walde wandern.
Am Ende wirst du dich verlieren
in meinem faszinierenden Dirigieren,
wo nur des Mondes falsches Licht
von der wahren Sonne spricht.
Fussnote:
Willst du ein Beispiel für mein Getrietsche,
dann findest du es in meinem Schüler Nietzsche,
er war ein brillantes Muster meiner Ermachtung
bis hin zu seiner unvermeidlichen Umnachtung.